Differenzverfahrensgebühr für die Protokollierung nicht rechtshängiger oder anderer Ansprüche
Wenn nicht rechtshängige (streitige) Ansprüche im Termin mit verhandelt und protokolliert werden (Mehrvergleich), erhält der Rechtsanwalt gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG eine 0,8 (Differenz)Verfahrensgebühr aus dem Wert der nicht rechtshängigen Ansprüche. Weil der Wert dieser Gebühr die Differenz aus dem Wert der rechtshängigen Ansprüche zu den insgesamt in diesem Verfahren verglichenen Ansprüchen darstellt, nenne ich sie Differenzverfahrensgebühr.
Die Differenzverfahrensgebühr entsteht auch, wenn die Ansprüche vor Gericht nur festgestellt oder verhandelt werden. Mit „verhandelt" meine ich „besprechen, erörtern, diskutieren, philosophieren, reden...". Die Ansprüche müssen also nicht unbedingt protokolliert worden sein. Ab und zu passiert es, dass in einer mündlichen Verhandlung über nicht rechtshängige Ansprüche mit verhandelt wird und dann aus irgendwelchen Gründen heraus (Vertagung, Ruhen und außergerichtlicher Vergleich, Erledigung, Klagerücknahme usw.) diese nicht rechtshängigen Ansprüche nicht protokolliert werden.
Die 0,8 Differenzverfahrensgebühr Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG entsteht:
- wenn Verhandlungen vor Gericht zur Einigung der Parteien oder der Beteiligten oder mit Dritten über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt werden;
- wenn beantragt ist, eine Einigung zu Protokoll zu nehmen oder das Zustandekommen einer Einigung festzustellen (§ 278 Abs. 6 ZPO),
- oder wenn eine Einigung dadurch erfolgt, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen (§ 101 Abs. 1 Satz 2 SGG, § 106 Satz 2 VwGO).
Neben der 0,8 Differenzverfahrensgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG aus dem Wert der in diesem Verfahren nicht rechtshängigen Ansprüche erhält der Rechtsanwalt die 1,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG aus dem Wert der rechtshängigen Ansprüche. Beide Gebühren dürfen gem. § 15 Abs. 3 RVG addiert nicht höher sein als die Gebühr mit dem höchsten Gebührensatz (= 1,3) aus dem zusammengerechneten Gegenstandswert.
Hinweis! Es fällt die Differenzverfahrensgebühr aus dem nicht rechtshängigen mit „verhandelten" Anspruch nicht wieder weg, wenn der Vergleich auch über die nicht rechtshängigen Ansprüche letzten Endes nicht zustande kommt! Einen diesbezüglichen Hinweis auf Wegfall gibt es nur für die Einigungsgebühr in Nr. 1000 Abs. 3 VV RVG. Die Differenzverfahrensgebühr bleibt also stehen, wenn der Vergleich widerrufen wird.
Beispiel: Der Kläger erhebt Klage über 3.000 EUR. Im mündlichen Verhandlungstermin werden weitere, nicht rechtshängige Ansprüche i. H. v. 800 EUR besprochen. Alsdann wird das Verfahren vertagt. Bevor es zu einer neuerlichen Verhandlung kommt, zahlt der Beklagte die 3.800 EUR.
Lösung: |
1,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG, GW: 3.000 EUR 0,8 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG, GW: 800 EUR gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht höher als 1,3 aus 3.800 EUR 1,2 Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG, GW: 3.000 EUR 1,2 Terminsgebühr gem. Nr. 3104 Abs. 2, 3 VV RVG, GW: 800 EUR gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht höher als 1,2 aus 3.800 EUR Auslagen aus Teil 7 VV RVG |
Aber Achtung! Es sind erstattungsfähig nur die Gebühren aus dem rechtshängigen Wert.1 Lesen Sie dazu das Suchwort „Nicht rechtshängige Ansprüche Kostenerstattung".
Bitte lesen Sie unter Verbindung von Prozessen, welchen Unterschied es macht, wenn nicht rechtshängige Ansprüche aus einem anderen Verfahren mit protokolliert werden und zuvor ein Verbindungsbeschluss gem. § 147 ZPO oder aber kein Verbindungsbeschluss ergangen ist.
» Rechtsprechung dazu:
1 | BGH, Beschluss vom 9.10.2008, AZ: VII ZB 43/08 |
Weitere Suchbegriffe: Vergleichsmehrwert, Mehrwert Vergleich, Mehrwert Einigung

Konstanze Halt
Aus Liebe zum Beruf